Warum mich das Schreiben gelehrt hat, dass das Leben ein Maskenball ist.
Ich schreibe – gerne. Über die Jahre habe ich gelernt, mit Worten umgehen zu können. Mit ihnen kann ich mich artikulieren. Ich kann den Menschen damit zu verstehen geben, was sie mir bedeuten oder was in mir vorgeht. Ich kann sie entweder verletzen, oder auch glücklich machen. Es kommt immer darauf an, wie man seine Worte wählt.
Aber leider kommt bei dem Gegenüber nicht immer das an, was man beabsichtigt hatte. Die Menschen haben verlernt, zuzuhören. Zuzuhören und dabei zu verstehen. Zwischen den Zeilen zu lesen. Heutzutage hören die Menschen nur noch hin, um es hinterher gegen dich verwenden zu können. Die Wenigsten interessiert es noch wirklich, was man zu sagen hat.
Darum bin ich leise geworden und bringe die Zeilen lieber auf’s Papier. Ich habe keine Lust und auch keine Kraft mehr für die geheuchelten Worte der meisten Menschen. Das tut weh. Worte können einen stark treffen, wenn sie nur passend formuliert sind. Man kann daran zersplittern wie Glas, wenn es zu Boden fällt. Und dann zerschneidet es die Seele.
Wenn ich aber schreibe, kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen. Kann ausleben, was mich bewegt, was ich denke, wie ich fühle. Bei den richtigen Menschen kann ich das auch ohne Stift und Papier, aber davon gibt es nur noch sehr wenige.
Das Schreiben ist für mich zu einer Art Zufluchtsort geworden. Ein Hobby; etwas, das mir Spaß macht. Nach all den Jahren des Schweigens ist es ein Teil von mir geworden. Meine eigene kleine Welt, die ich mir aufgebaut habe. In die ich mich zurückziehen kann, wenn mir die Realität zu viel wird, über den Kopf wächst. Wenn reden nichts mehr bringt. Wenn Worte ihr Ziel verfehlen…
Dann nehme ich mir Zettel und Stift und versinke in meinem Element. Setze Worte da an, wo andere schon längst gescheitert wären. Setze Worte so zusammen, dass sie als Ganzes einen ganz neuen Sinn bekommen. Benutze die Worte so, als seien sie kleine Schmetterlinge, die sterben, wenn man sie zu fest hält.
Wir leben in einer viel zu hektischen Welt, in der materielles wichtiger ist als Menschen oder Gefühle. Die persönliche Kommunikation wird durch Handys und Apps ersetzt. Gefühle werden über Socialmedia mit der ganzen Welt geteilt, im wahren Leben aber versteckt oder missachtet. Wir reden nicht mehr miteinander um zu verstehen, sondern des Zweckes wegen. Diese Welt ist so kaputt …
Keiner hört mehr zu, weswegen auch die Worte nicht mehr gehört werden, wie sie losgeschickt wurden. Alles dient nur noch der Absicht zum Ruhm und Eigennutz. Das Ego spielt die Hauptrolle.
Wir leben auf einem riesengroßen Maskenball, auf dem nur die aufrichtigen Seelen noch ihre wahren Gesichter tragen – und gerade diese Menschen haben es am schwersten. Denn diese Menschen sind es, die mit den wechselnden Gesichtern der Heuchler und Hektiker klarkommen, und sich aus diesem Wirrwarr an Masken den sich dahinter versteckten Menschen zusammen denken müssen. Falls dafür dann überhaupt noch die Kraft reicht, denn die Menschen wechseln ihre Gesichter wie Ampeln ihre Lichter.
Daher zeugt es von Kraft und Stärke, in diese kaputte Welt hinauszugehen und sein wahres Gesicht zu zeigen. Die meisten zerbrechen daran und werden zu einer gebrochenen Seele, wie ich es eine bin. Dennoch habe ich meine Stärke nicht verloren, im Gegenteil: Ich bin erhobenen Hauptes über den Maskenball gegangen und habe viele verschiedene Masken und Fassaden gesehen. Doch nur sehr wenige haben so hell geleuchtet, wie ich es getan habe – denn ich bin stark genug, dass ich keine Maske brauche.
Ich habe lange an mir geschliffen, bis ich mich getraut habe, meine Masken abzulegen und zu diesem facettenreichen und wunderschönen Diamant geworden bin, der ich heute bin. Es war alles andere als leicht und ein verdammt langer Weg dorthin, aber war es das nicht wert?
In dieser hektischen Welt voller falscher Menschen ein strahlender Diamant zu sein? Die Kraft zu haben, keine Masken zu brauchen? Stark genug zu sein, dieser Welt die Stirn zu bieten? Alles andere mit seiner Natürlichkeit in den Schatten zu stellen? Ich sage: Das ist es wert!
Ich brauche mich nicht hinter irgendeiner billigen Maske zu verstecken, denn ich bin schön und einzigartig, so wie ich bin. Vielleicht bin ich kaputt, aber trotzdem habe ich noch das Rückgrat, um mich zu zeigen wie ich bin.
Und ebenso wie ich sind auch meine Worte; geradeheraus, aufrichtig, ehrlich. Im Schreiben wie im Sprechen.
So sollte man seine Worte immer weise wählen und wieder lernen, zuzuhören und zu verstehen. Und wer das verstanden hat, ist bereit, seine Masken abzulegen und das Leben zu leben, was für uns vorgesehen ist. Ein Leben in Freiheit, Liebe und Verständnis, mit Menschen, die uns wichtig sind und für die es sich die Worte zu sprechen lohnt.
Der einzige Preis, den man dafür zahlen musst, ist der, seine Masken niederzulegen und den Ball zu verlassen. Und nun sage mir: Ist es das wert?