Zahlen. Zehn Ziffern, die in unzähligen Variationen Milliarden von Zahlen ergeben können. Wir brauchen sie, um uns im Leben orientieren zu können. Aber was macht das mit uns?
Egal, worum es geht – Zahlen sind existentiell wichtig. Sie klären uns darüber auf, wie weit wir zur Arbeit fahren müssen, mit welcher Geschwindigkeit wir fahren dürfen, was uns etwas kostet oder wie viel Uhr es ist.
Vor sehr langer Zeit gab es Menschen, die den Zahlen einen ungeheuren Wert zugemessen haben. Vielleicht um sich besser verständigen zu können. Oder um mehr Klarheit für sich selbst zu schaffen – wer weiß. Das hat sich über die Jahrtausende immer weiter entwickelt und heute sind die Zahlen nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. Aber was ist, wenn unser Leben von diesen Zahlen bestimmt wird?
Man sagt, dass Dinge nur den Wert bekommen, den wir ihnen geben. Aber ist das bei Zahlen genauso? Es gibt jene, die für uns so alltäglich sind, dass wir nicht mal mehr darüber nachdenken, was für einen Zweck die Zahlen für uns haben. Beispiele sind die Uhrzeit oder Zeitangaben, Preise, Seitenzahlen, Kilometer, Geschwindigkeiten und noch viele mehr.
Es gibt aber auch Zahlen, die uns vielleicht unterbewusst beeinflussen. Oder von denen wir behaupten, sie wären nicht wichtig. Aber seien wir ehrlich; sie sind wichtig. Sie bestimmen unser Leben. Gemeint sind zum Beispiel Vergleiche durch Menge (»Warum hat sie fünf Tafeln Schokolade und ich nur zwei?«), das Körpergewicht, Follower, Views, vielleicht sogar die Anzahl der Freunde und noch einige mehr.
Mancher wird nun sagen »alles schön und gut, aber mir ist das wirklich nicht wichtig«. Die Frage dabei ist doch: Ist es uns wirklich egal? Oder belügen wir uns alle nur selbst?
Natürlich: Für manche ist der Stellenwert anders priorisiert als für andere, aber letztlich betrifft uns dieses Thema alle.
Kein Streamer, Influencer oder jemand, der versucht, mehr Reichweite zu bekommen, wird ehrlich sagen können, dass es ihm egal sei, welche Zahlen irgendwo verzeichnet werden. Ob die Views sinken oder steigen, ob man Follower gewinnt oder verliert. Natürlich kann man behaupten, das alles würde einen nicht interessieren, aber dieses »nicht interessieren« wird den einen oder anderen schlaflose Nächte, ein Stimmungstief bis hin zu Depressionen oder unzählige Tränen im Verborgenen kosten.
Jeder macht sich Gedanken darüber, warum die Videos nicht mehr so häufig geguckt werden wie vielleicht vor einer Woche noch, oder warum plötzlich eine Website weniger besucht wird als vorher. Man kann noch so sehr behaupten, es sei einem egal, aber letztlich ist es genau das, was einen zur Verzweiflung bringt (bringen kann) und so einen Leistungsdruck erzeugt.
Gleiches gilt zum Beispiel für Autoren; warum wird das neue Buch nicht mehr so oft verkauft wie das letzte? Warum kommt es bei den Lesern nicht mehr so gut an? Wo liegt der Haken? Warum kommen nur noch so wenig Leute zur Autogrammstunde oder Lesung?
Oder unser Gewicht; es ist Fakt, dass Menschen mit Mehrgewicht öfter diskriminiert oder ausgegrenzt werden – allein wegen ihrem Aussehen und erhöhtem Körpermaß. Dabei sollte es doch egal sein, wie jemand aussieht oder was er auf der Waage für eine Zahl stehen hat.
Jemandem, der versucht zu– oder abzunehmen, wird es auch nicht egal sein, welche Zahl auf der Waage steht. Warum die Zahl beim Versuch, abzunehmen, wieder steigt, oder beim Versuch, zuzunehmen, wieder fällt. Oder warum sich gar nichts verändert.
Das alles sind Eventualitäten, die häufiger vorkommen als wir glauben mögen. Vieles davon kann sein, muss aber nicht. Wenn wir jedoch mal näher hinschauen, wird es uns vielleicht erschrecken, was wir vorfinden könnten. Wie sehr wir von Zahlen bestimmt werden ohne es überhaupt zu merken. Welchen Stellenwert diese in unserer heutigen Gesellschaft haben. Alles dreht sich nur noch um Zahlen.
Die Preise steigen, die Gehälter bleiben gleich. Hin und her rechnen, um überleben zu können. Eigentlich schon traurig wenn man bedenkt, dass unser Überleben runter gebrochen von Zahlen abhängt. Ob wir uns unser Essen leisten können. Ob wir das Dach über unserem Kopf noch finanzieren können. Ob wir vier oder acht Familienmitglieder haben, die versorgt werden müssen.
Alles in unserem Leben dreht sich um Zahlen. Wie bei so vielem gibt es auch hier zwei Seiten; Zahlen definieren Regeln. Über Regeln können wir uns verständigen und haben ein Gefühl der Gleichberechtigung. Würde es von heute auf morgen keine Zahlen mehr geben, würde die Welt sehr wahrscheinlich kollabieren. Und das sollten wir uns bewusst machen.
Dass es mehr gibt, als die Zahlen, die unser Leben bestimmen. Dass unser System nur funktioniert, weil es Zahlen gibt. Mag gut sein, kann schlecht sein. Aber wir sollten uns nicht über diese Zahlen definieren. Wenn wir uns darauf reduzieren, was irgendwo als Zahl geschrieben steht, sind wir nicht mehr als ein Zahnrad in dem riesigen Kreislauf des Systems, was mit den ganzen anderen untergehen wird, sollte es zu einem Zusammenbruch kommen.
Denn das Problem ist doch, dass wir von Anfang an beigebracht bekommen, nur innerhalb der vorgegebenen Linien nachzumalen. Uns anzupassen. Uns dem Vorgegebenen zu unterwerfen. Zu funktionieren. Als kleine Zahl in einem defekten System, das sich unermüdlich um die eigene Achse dreht und einfach ersetzt wird, sollte es kaputt gehen. Die Zahl eines Zahnrads.
Doch es gibt mehr, als nur ein kleines Werkzeug zu sein, das sich für die Allgemeinheit abnutzt. Sei nicht einfach nur eine Zahl eines Zahnrads, reduzier dich nicht darauf.
Gib ihnen den gleichen Wert, den du von ihnen bekommst: 0.